
Elternzeit soll Mütter und Väter schützen – doch viele Beschäftigte erleben, dass ihr Arbeitsplatz plötzlich unsicher wirkt. Kann der Arbeitgeber in dieser Zeit kündigen? Welche Rechte haben Beschäftigte wirklich? Und was tun, wenn doch eine Kündigung ins Haus flattert? In diesem Beitrag klären wir die häufigsten Irrtümer, erklären rechtliche Grundlagen und zeigen, wie Betroffene sich wehren können.
Mythos oder Wahrheit? Diese 5 Irrtümer über den Kündigungsschutz in der Elternzeit
Viele Beschäftigte verlassen sich auf den gesetzlichen Schutz – doch nicht alles, was im Umlauf ist, entspricht der Realität.
Irrtum | Richtigstellung |
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„Während der Elternzeit kann mich niemand kündigen.“ | Es gibt zwar einen besonderen Kündigungsschutz, aber unter bestimmten Bedingungen kann eine Kündigung doch erfolgen. |
„Der Kündigungsschutz beginnt mit der Geburt meines Kindes.“ | Der Schutz greift bereits acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und endet frühestens am letzten Tag der genehmigten Elternzeit. |
„Nach der Elternzeit muss mir mein alter Job garantiert werden.“ | Arbeitgeber müssen eine vergleichbare Position anbieten – nicht zwingend genau denselben Job. |
„Wenn mein Arbeitsvertrag befristet ist, verlängert er sich durch Elternzeit automatisch.“ | Ein befristeter Vertrag endet auch dann, wenn die Elternzeit noch läuft. Eine Verlängerung gibt es nicht automatisch. |
„Ich kann Elternzeit jederzeit nach Belieben verkürzen oder verlängern.“ | Änderungen sind möglich, aber sie müssen mindestens 7 bzw. 13 Wochen im Voraus beantragt werden. |
Darf der Arbeitgeber während der Elternzeit kündigen?
Grundsätzlich gilt ein strenger Kündigungsschutz – doch es gibt Ausnahmen. Arbeitgeber können eine Kündigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragen, wenn:
- Der Betrieb insolvent ist und es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitsplatz zu erhalten.
- Der Arbeitsplatz komplett entfällt – beispielsweise durch eine vollständige Betriebsschließung.
- Schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt, etwa bei Straftaten oder grober Pflichtverletzung.
In der Praxis sind solche Kündigungen selten, aber nicht ausgeschlossen. Deshalb gilt: Wer eine Kündigung erhält, sollte sie nicht einfach hinnehmen.
Was tun, wenn die Kündigung doch kommt?
Eine Kündigung während der Elternzeit ist nicht nur emotional belastend, sondern stellt auch die finanzielle Sicherheit infrage. Betroffene sollten folgende Schritte beachten:
- Ruhe bewahren & Fristen prüfen – Eine Kündigungsschutzklage ist nur innerhalb von drei Wochen möglich.
- Rechtliche Unterstützung suchen – Ein spezialisierter Rechtsbeistand kann prüfen, ob die Kündigung zulässig war.
- Aufhebungsvertrag genau prüfen – Manchmal bieten Arbeitgeber statt einer Kündigung eine Einigung an – hier ist Vorsicht geboten.
- Ansprüche auf Elterngeld & Arbeitslosengeld klären – Auch nach einer Kündigung gibt es finanzielle Unterstützung.
Wichtig: Selbst wenn die Kündigung rechtlich nicht zulässig ist, müssen Betroffene aktiv werden, um ihr Recht durchzusetzen.
In solchen Situationen ist es entscheidend, schnell zu handeln – ein erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht, wie die Experten der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, kann prüfen, ob die Kündigung rechtlich haltbar ist.
Studie: Wie verbreitet sind Kündigungen in der Elternzeit wirklich?
Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gaben rund 4 % der Eltern an, während oder direkt nach der Elternzeit Probleme mit ihrem Arbeitgeber gehabt zu haben. Besonders betroffen sind Frauen in kleinen Betrieben mit weniger als 10 Mitarbeitern, da hier kein allgemeiner Kündigungsschutz gilt.
Ein interessanter Fakt: In Ländern mit besserer Kinderbetreuung und flexibleren Arbeitszeiten sind Kündigungen in der Elternzeit seltener. In Skandinavien beispielsweise haben Beschäftigte oft größere Sicherheit durch stärkere soziale Absicherung.
Was passiert nach der Elternzeit? Diese Rechte hast du
Nicht nur während der Elternzeit, sondern auch danach kommt es häufig zu Konflikten. Diese Rechte sollten Beschäftigte kennen:
- Rückkehr an einen gleichwertigen Arbeitsplatz – Der Arbeitgeber muss eine vergleichbare Position mit ähnlichen Aufgaben und Gehalt anbieten.
- Teilzeitanspruch während und nach der Elternzeit – Wer länger als sechs Monate im Betrieb war, kann eine Teilzeitbeschäftigung beantragen (sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen).
- Kündigungsschutz für vier Monate nach der Elternzeit – Arbeitgeber dürfen nicht direkt nach der Rückkehr kündigen, es sei denn, es liegen betriebsbedingte oder personenbedingte Gründe vor.
- Diskriminierungsschutz – Niemand darf aufgrund der Elternzeit benachteiligt werden. Wenn etwa Beförderungen oder Gehaltserhöhungen verweigert werden, kann das ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sein.
Praktische Tipps: So sicherst du dich vor Problemen mit dem Arbeitgeber
- Elternzeit-Antrag schriftlich einreichen & Bestätigung verlangen – So gibt es später keine Unklarheiten.
- Rückkehr rechtzeitig planen – Am besten drei bis sechs Monate vor Ende der Elternzeit mit dem Arbeitgeber sprechen.
- Rechte dokumentieren & Verstöße notieren – Falls es zu Problemen kommt, sind schriftliche Nachweise wichtig.
- Flexible Arbeitsmodelle prüfen – Viele Betriebe bieten Homeoffice oder Gleitzeit als Alternative zu starren Teilzeitmodellen an.
Erfahrungsbericht: „Mein Chef wollte mich in der Elternzeit loswerden – so habe ich mich gewehrt“
Ein Schock kurz vor der Geburt
Name: Julia M.
Alter: 34 Jahre
Beruf: Projektmanagerin in einem mittelständischen Unternehmen
Familienstand: Verheiratet, erstes Kind unterwegs
Arbeitsverhältnis: Seit 5 Jahren unbefristet angestellt
Julia freute sich auf ihre Elternzeit. Sie hatte alles geregelt, den Antrag rechtzeitig eingereicht und mit ihrem Chef besprochen, dass sie nach einem Jahr wieder in Teilzeit einsteigen wollte. Doch dann kam der Schock: Sechs Wochen vor dem Geburtstermin lag eine Kündigung in ihrem Briefkasten.
„Ich dachte erst, es wäre ein Missverständnis“, erinnert sich Julia. „Mein Chef war immer fair gewesen. Ich hatte gute Leistung gebracht und nie Probleme gehabt. Doch dann las ich die Begründung: Betriebsbedingte Kündigung wegen Umstrukturierung. Ich konnte es nicht fassen.“
Der erste Fehler: Nicht sofort reagieren
Julia wollte erst einmal abwarten. „Ich hatte ja genug um die Ohren mit der Schwangerschaft und der bevorstehenden Geburt und dachte, das klärt sich vielleicht von selbst.“ Doch als sie mit einer Freundin sprach, die als Personalreferentin arbeitet, wurde ihr klar: Die Kündigung war unzulässig – aber sie musste schnell handeln.
„Ich wusste nicht, dass ich nur drei Wochen Zeit hatte, um dagegen vorzugehen“, sagt sie heute. „Hätte ich noch länger gewartet, hätte ich meinen Job einfach so verloren.“
Sie suchte sich einen Anwalt für Arbeitsrecht, der sofort prüfte, ob die Kündigung rechtens war. Das Ergebnis war eindeutig: Während der Elternzeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber hätte die Kündigung von der Aufsichtsbehörde genehmigen lassen müssen – was er nicht getan hatte.
Der Kampf um ihr Recht
Julia fühlte sich hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie keinen Streit, andererseits konnte sie nicht verstehen, wie ihr Arbeitgeber so mit ihr umgehen konnte. Also entschied sie sich für eine Kündigungsschutzklage.
„Ich hatte wirklich Angst. Ich hatte noch nie mit einem Anwalt zu tun gehabt, geschweige denn mit einem Gericht. Aber mein Anwalt machte mir Mut. Er sagte, dass mein Fall ziemlich klar sei und ich gute Chancen hätte.“
Ihr Arbeitgeber schien davon wenig beeindruckt. Er schickte Briefe mit Erklärungen, warum ihre Stelle nicht mehr gebraucht würde, und bot ihr einen Aufhebungsvertrag mit einer kleinen Abfindung an.
„Ich war kurz davor, zu unterschreiben“, gibt Julia zu. „Die Summe war nicht hoch, aber ich wollte einfach meine Ruhe haben. Doch mein Anwalt riet mir dringend ab. Er meinte, wenn ich unterschreibe, verzichte ich auf alle Ansprüche.“
Das Gerichtsurteil: Ein Sieg mit Überraschung
Nach zwei Monaten kam es zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht. Julia fühlte sich unwohl – sie hatte nie gedacht, dass sie mal vor Gericht stehen würde. Aber es dauerte nicht lange, bis klar wurde: Der Arbeitgeber hatte sich nicht an die Regeln gehalten.
Die Richterin stellte fest, dass die Kündigung ohne behördliche Genehmigung unwirksam war. Julias Chef bot daraufhin eine höhere Abfindung an – diesmal eine Summe, die deutlich über dem ersten Angebot lag.
Nach langem Überlegen entschied Julia sich, die Abfindung anzunehmen. „Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr, nach der Elternzeit in ein Unternehmen zurückzukehren, das mich loswerden wollte. Ich habe mir lieber eine neue Stelle gesucht – und eine bessere gefunden.“
Julias Tipps für andere Eltern
- Reagiere sofort auf eine Kündigung – die Frist für eine Klage beträgt nur drei Wochen!
- Lass dich nicht von scheinbar schlüssigen Argumenten täuschen – oft sind Kündigungen in der Elternzeit unzulässig.
- Unterschreibe niemals einen Aufhebungsvertrag, ohne ihn von einem Experten prüfen zu lassen.
- Ziehe einen Anwalt für Arbeitsrecht hinzu – oft sind Arbeitgeber nach einer Klage eher zu einer Einigung bereit.
- Bleib standhaft: Du hast Rechte – nutze sie!
Fazit: Kämpfen lohnt sich
Was Julia aus dieser Erfahrung gelernt hat? Arbeitgeber setzen oft darauf, dass Arbeitnehmer:innen Angst haben und sich nicht wehren. Doch gerade während der Elternzeit gibt es klare Schutzmechanismen. Wer sich informiert und rechtzeitig Unterstützung holt, kann sich gegen unfaire Kündigungen wehren. „Ich bin so froh, dass ich mich nicht unterkriegen lassen habe“, sagt Julia heute. „Denn am Ende habe ich nicht nur gewonnen – ich habe eine noch bessere Stelle gefunden.“
Interaktiver Bereich: Teste dein Wissen
Möchtest du herausfinden, wie gut du über deine Rechte in der Elternzeit informiert bist? Dann beantworte die folgenden Fragen!
Frage 1: Ab wann gilt der besondere Kündigungsschutz während der Elternzeit?
A) Ab der Geburt des Kindes
B) Acht Wochen vor Beginn der Elternzeit
C) Erst mit Antritt der Elternzeit
Frage 2: Kann ein befristeter Vertrag durch Elternzeit automatisch verlängert werden?
A) Ja
B) Nein
Frage 3: Wie lange darf der Arbeitgeber nach Ende der Elternzeit keine Kündigung aussprechen?
A) 1 Monat
B) 4 Monate
C) Es gibt keinen Schutz
(Antworten: 1B, 2B, 3B)
Wissen ist der beste Schutz
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertrauen darauf, dass ihr Kündigungsschutz während der Elternzeit absolut sicher ist – doch es gibt Ausnahmen. Wer gut informiert ist, kann frühzeitig vorbeugen und sich im Ernstfall effektiv zur Wehr setzen. Wichtig ist, nicht in Panik zu geraten, sondern schnell und gezielt zu handeln.
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